Grammatikopoulou, Christina (2018), ‘Virale Gender-Performance’, in: Cornelia Sollfrank (ed.), Die Schönen Kriegerinnen, Technofeministische Praxis im 21. Jahrhundert, Wien: Transversal Texts, pp.131-166.
Feminismus ist in den letzten Jahrzehnten zu einem allgegenwärtigen Begriff geworden, nicht nur in Debatten über Geschlechtergleichstellung, alltäglichen Sexismus oder Selbstbestimmung über den eigenen Körper, sondern auch als eine glitzernde Marke, die dazu dient, bestimmte Produkte und Dienstleistungen besser zu verkaufen. Ob diese Popularisierung einer einst radikalen politischen Bewegung zu einer Verbesserung der Missstände geführt hat, die sie ursprünglich anprangerte, steht zur Diskussion. Künstlerinnen, die explizit zu feministischen Themen arbeiten, werden in diesem Text in den Mittelpunkt gerückt, aber auch ausgewählte feministische Manifestationen in Politik und visueller Kultur der letzten Jahre sollen dazu dienen, sich der Fragestellung anzunähern. Dabei interessiert besonders, wie in den verhandelten künstlerischen und aktivistischen Praxen die Konzepte Viralität und Noise als kommunikative Strategien zum Einsatz kommen. Der Kontext, in den die Arbeiten gestellt werden, ist ihre hybride Existenz im Kontinuum zwischen Online- und Offline-Raum, für das der Begriff „Expanded Space“ („erweiterter Raum“) steht. Aber es wird auch darum gehen, wie die benutzten Strategien von Viralität und Noise gegen feministische Interessen gewendet werden – sei es durch offene Angriffe gegen feministische Manifestationen oder die missbräuchliche Aneignung des Begriffs Feminismus. In jedem Fall scheinen sich die hier vorgestellten Künstler_innen der Widersprüche bewusst zu sein, die im sich überlappenden Feld von Aktivismus, Trolling und Marketing entstehen, und nutzen diese sogar als integralen Bestandteil ihrer Arbeit.